Rückblick zur Tracht 2019

Inzwischen können wir zum vierten Mal den Trachtrückblick aufgrund der HiveWatch Daten erstellen. Jedes Jahr lernen wir Neues dazu und profitieren von der stetig wachsenden Datengrundlage. Dieser Bericht basiert inzwischen auf Daten von über 700 Bienenvölker verteilt von der Nordsee bis zum Mittelmeer wodurch wir eine sehr robuste Grundlage für unsere Analysen zur Verfügung haben. Höchste Zeit also einen Rückblick auf die Tracht im Jahr 2019 zu werfen.

Schauen wir uns die Mittelwerte in der Schweiz und Deutschland an, so muss man besonders in der Schweiz von einem sehr schlechten Honigjahr sprechen mit Einträgen rund 8 kg pro Volk während Deutschland mit über 20 kg relativ gut davongekommen ist. Den markanten Unterschied zwischen Deutschland und der Schweiz lässt sich nicht einfach erklären und sollte zu diesem Zeitpunkt auch nicht überbewertet werden. Einerseits haben wir in Deutschland erst Daten von knapp 100 Bienenvölker was verglichen mit der Fläche verschwindend klein ist. Auch sind viele Kunden in Deutschland Berufsimker die gezielt Trachten anwandern, womit per se höhere Einträge zu erwarten sind als bei Standimkerei.

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Vergleichen wir den qualitativen Kurvenverlauf zwischen Deutschland und der Schweiz, so begann die Tracht fast zeitgleich Mitte April und auch die Sommertracht war fast zeitgleich beendet. Dank der Bergimkerei blieb die Gewichtskurven im Juli in der Schweiz recht stabil, da deren Einträge die Abnahmen im Flachland kompensierten.

Die Frühjahrstracht hat generell sehr vielversprechend begonnen, wurde dann aber von einer Kältewelle jäh unterbrochen, die vielerorts die Rapstracht zunichte gemacht hat. Auch Obst und Löwenzahn, in Gebieten ohne Rapsanschluss zumeist die wichtigsten Frühtrachtshonigpflanzen, gaben nicht sonderlich viel her in diesem Jahr

Die Sommetracht war zumeist auf die Linde zurückzuführen, welche gemäss zahlreicher Rückmeldungen in diesem Jahr besonders gut honigte. Dafür war die Waldtracht ein Totalausfall, zumindest konnten wir nirgends dementsprechende Einträge verzeichnen und es hat uns auch kein Imker von einer Waldtracht berichtet.

Medianwerte

In diesem Jahr haben wir zusätzlich auch die Medianwerte berechnet (siehe Grafik unten). D.h. wenn wir die Gewichtszunahmen aller Bienenvölker der Grösse nach sortieren, so liegt das «Medianvolk» genau in der Mitte, während man beim Mittelwert alle Zunahmen aufaddiert und durch Anzahl Völker dividiert.

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Das sogenannte «Medianvolk» hat somit in der Schweiz keinerlei sowie in Deutschland nur einen bescheidenen Eintrag erwirtschaftet. Somit müssen wir davon ausgehen, dass eine Mehrheit der Schweizer Imker keinen oder fast keinen Honig ernten konnte und auch in Deutschland wird bei vielen Imker die Ernte bescheiden ausgefallen sein.

Standortvergleiche

Die Thematik der Standortbeurteilung haben wir uns näher angeschaut und Daten von Bienenständen mit mindestens vier Waagvölker über die letzten drei Jahre verglichen.
Im untenstehenden Fall haben wir zwei Bienenstände vom selben Imker, einen Heimstand auf 590 m.ü.M. und einen Fernstand mit 900 m.ü.M. verglichen. Die Betriebsweise ist also identisch und Ertragsunterschiede sollten zum grössten Teil auf den Standort zurückzuführen sein:

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Anhand der Kurvenverläufe sieht man, dass der Heimstand auf Frühlings- oder Waldtracht angewiesen ist. Im Jahr 2017 war die Frühjahrstracht ein Totalverlust dafür setzten eine starke Waldtracht ein und die Erträge waren identisch an Fern- und Heimstand. Im Jahr 2018 gab es am Heimstand eine sehr starke Frühjahrstracht, welche sich zeitverzögert am Fernstand aufgrund der höheren Lage wiederholte. Im laufenden Jahr war am Heimstand die Frühjahrstracht wetterbedingt sehr bescheiden ausgefallen und Waldtracht gab es überhaupt keine. Von der Lindentracht konnte dieser Standort falls überhaupt nur sehr wenig profitieren. Dafür hat der Fernstand erneut ein sehr solides Ertragsresultat erzielt und über die drei Jahre gerechnet ergibt sich ein Unterschied von 30 kg pro Volk

Denselben Vergleich haben wir für drei Bienenstände in der Region Bern/Solothurn/Biel durchgeführt, d.h. diese sind denselben klimatischen Bedingungen bei 500 m.ü.M. ausgesetzt. Die ersten zwei Stände haben fast identische Einträge in den letzten drei Jahren, während der dritte Stand stark von einer erfolgreichen Waldtracht abhängt, wie es im Jahr 2017 der Fall war:

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Der erste Stand ist umgeben von Biowiesen, Obstplantagen und kann auch von Waldtracht profitieren, während der zweite Stand direkt neben einem Naturschutzgebiet liegt. Der dritte Stand befindet sich zwischen von der Landwirtschaft intensiv genutzter Agrarfläche und einem Wald und ist somit von Raps- und Waldtracht abhängig, weshalb in diesem Jahr die Einträge bescheiden ausfielen.

Regionale Tendenzen

Momentan sind wir daran den automatisierung- und detailgrad der Berechnung von regionalen Durchschnitten zu optimieren und weiterentwickeln. Deshalb publizieren wir an dieser Stelle noch keine konkrete Werte und werden dies in den nächsten Wochen nachholen. Was aber bereits jetzt klar ist, dass die Berggebiete dieses Jahr besonders gut weggekommen sind, was ja auch von der Umfrage BienenSchweiz bestätigt wurde.

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Tolle Analyse. Es ist interessant Mittelwerte mit den eigenen Werten zu vergleichen1
Danke.
Gruß Charly Giesen